Geschichte der Stadt Breslau

Die Stadt durchlebte eintausend wechselvolle Jahre. Seit 1000 Bischofssitz, war Breslau die einstige Burganlage des böhmischen Herzogs Wratislaw und 1163 Hauptstadt der Piastenherzöge.
Ein bedeutender Einschnitt in der Geschichte der Stadt ist das Jahr 1241, als das heranwachsende Gemeinwesen beim Einfall der Mongolen völlig zerstört, am linken Oderufer aber als deutsche Kaufmanns- und Handelsstadt mit grossem Marktplatz (Ring) bald wieder aufgebaut wird.
Die Weitere Entwicklung ist gekennzeichnet durch die Verleihung des Magdeburger Stadtrecht und ab dem 14. Jahrhundert Mitglied der Hanse. Die Aussetzung der Neustadt 1263, schliesslich 1327 die Vereinigung von Alt– und Neustadt auf beiden Seiten der Oder. Die erstmalige Nennung des Namens „Breslau“ 1266 und den entscheidenden Vertrag von Trentschin 1335, als König Kasimir III. von Polen „für ewige Zeit“ auf die Lehnshoheit über die schlesischen Fürstentümer verzichtet. Breslau kommt damit unter die unmittelbare Herrschaft Böhmens und erhält eine Art reichsstädtischer Verfassung.
Unter der Regierung Kaiser Karls IV, (1346-1387) erfährt Breslau durch Erweiterung des Handels bis nach Venedig einen neuen Aufschwung und eine Blütezeit seiner baulichen Entwicklung. Im 15. Jh. muss sie sich wiederholt der Hussiten erwehren und sich gegen die Angriffe der rivalisierenden Könige Podiebrad von Böhmen und Martinus von Ungarn behaupten.
Weitere wichtige Daten sind 1523 die Einführung der Reformation unter Erhaltung des bischöflichen Besitzes auf der Dominsel und 1526 der Übergang mit Böhmen an Habsburg (Österreich). Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurden Stadt und Dominsel um 1633 von den Schweden, Sachsen und Brandenburgern verwüstet. Die Gegenreformation leitet eine neue Entwicklung ein.

 

Im Ersten Schlesischen Krieg (1740-1742) dringt König Friedrich II. von Preußen am 3.1.1741 in die Stadt ein, nimmt am 10.8. endgültig Besitz von ihr und lässt sich am 7.11. im Rathaus von den schlesischen Ständen huldigen. Breslau wird Haupt– und Residenzstadt Schlesiens und Sitz aller Provinzialverwaltungen, erst das Ende des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) bringt ihr und ihren Bürgern wieder Ruhe.
Im napoleonischen Feldzug wird die Stadt (1807-1808) von Rheinbundtruppen besetzt, die Befestigungen werden geschleift und machen Promenaden und Anlagen Platz. Breslau wird zum Ausgangspunkt der Erhebung gegen Napoleon. 1813 richtet König Friedrich Wilhelm III. seinen „Aufruf an mein Volk“ und stiftet den Orden des Eisernen Kreuzes.
Im 19. Jh. entwickelt sich die Stadt zu einem wichtigen Industriezentrum. Sie erhält Eisenbahnverbindungen: 1842 nach Oberschlesien und Freiburg und 1848 nach Berlin, Leipzig, Hamburg, Krakau und Wien.
Nach dem Ersten Weltkrieg bringen die neuen Grenzen schwere Beeinträchtigungen für die Stadt. Im Zweiten Weltkrieg erleidet sie ihr schwerstes geschichtliches Schicksal der neueren Zeit. Am 15.2.1945 wird Breslau zur Festung erklärt und bis zur Kapitulation am 6.5. von sowjetischen Truppen belagert. Am 9.5. wird die polnische Fahne über die Stadt gehisst. Rund 70 v. H. der Stadt waren zerstört, mehr als 20 000 Häuser vernichtet. Die Zahl der Opfer wird mit 6 000 deutschen und 8 000 sowjetischen Soldaten angegeben. 80 000 Zivilisten starben in der Stadt und 90 000 auf der Flucht.
„So verschwindet, so verhallet Menschenthal und Menschenhoheit im Sturme der Zeit. Leer und entblättert steht der einst blühende Baum, die Vorwelt, vor uns; an ihm ist die Zeit vorüber geflogen, die Nebel der Vergangenheit beginnen sich dichter und dichter um ihn zu hüllen. Einsam hängt jetzt das Schwert in den Hallen der Väter, sie sind dahin gestorben, mit ihnen der Geist ihres Jahrhunderts. Was ist aus allem denen geworden, die einst so viel Aufsehen in der Welt machten, die die Thaten ihres Augenblicks auf die späteste Nachwelt zu berechnen schienen?
Einen Schritt hat die Zeit getan, und das Antlitz der Erde ist verändert. – So wird sie auch an uns vorüber gehen, so wird auch nach uns eine Nachwelt emporsprießen, die wir nicht mehr erkennen würden. Mit den Waffen erhoben sich unsere Vorfahren zu vorübergehender Größe aber die Verhältnisse Europas wandelten sich, und die Heldenzeit mußte verblühen. Allein eine sichere Grundfeste ließen sie zurück, auf welche die Nachkommen das vollendete Gebäude des Wohlstandes und Bürgerglücks errichten durften. An das Symbol des gegenwärtigen Breslau lehnen sich daher die Zeichen der Bildung, der Kunst und des Gewerbes. Wenn im Strome wechselnder Jahrhunderte auch diese Grundfeste zerfallen ist, und andre Geschlechter der Menschen auf unsere Trümmer zurückblicken, mögen sie dann mit eben dem Gefühl des Dankes unser Gedächtnis erneuern, mit dem wir unsre Vorfahren gedenken!“
Von K. A. Menzel, Breslau 1804